Montag, 3. September 2007

Hinein ins Chaos

Liebes Weblog,

jetzt ist es passiert - ich befinde mich in einer kleinen Herberge am Rand des Universums und versuche zu ergründen, warum. Sich als heimatliebender, flugängstlicher, kühles Wetter und großzügige Platzverhältnisse vorziehender Mensch ausgerechnet in einen Flieger nach Tokyo zu setzen, widerspricht klar jedem rationalen Grundsatz, aber trotzdem bin ich hier.

Zu Beginn meiner Reise hatte ich demnach auch kein allzu gutes Gefühl im Bauch, welches sich mit zunehmender Müdigkeit noch weiter steigerte und schließlich richtig arg wurde, als das Flugzeug von Paris nach Narita auf der Startbahn Vollgas gab. Auch Flugzeuge scheinen jedoch einen rudimentären Sinn für den richtigen Zeitpunkt zu haben, da meines nun spontan einen technischen Defekt vorwies, der den Piloten dazu veranlasste, den Start mittels eines wenig zögerlichen Bremsmanövers wieder abzubrechen.

Einige Zeit darauf befand ich mich dann merkwürdig glücklich in einer Riesenschlange. Dieses Exemplar der Spezies "Airfrancus maximus" lockt seine Opfer mit Hotelübernachtungsgutscheinen in die Falle und tötet sie dann unbarmherzig, indem es sie sich ihre Beine in den Bauch stehen lässt. Vor der finalen Entkräftung konnte ich glücklicherweise noch eines meiner Mitbringsel aufreissen und durch die Energie aus 5 gebrannten Mandeln dem Tode entrinnen, wobei ich den restlichen 20 Mandeln durch ein motorisches Mißgeschick unfreiwillig die große Freiheit des Flughafengebäudes schenkte. Nun, um mich zu ärgern war ich da schon viel zu müde. Es war sogar kaum mehr peinlich!

Später im Hotel, nach einer Mahlzeit, einem Bad und netten Gesprächen per Skype, ging es mir dann tatsächlich viel besser und richtig gut wurde es, als ich auf dem Bett lag und innerhalb von 0.389 Sekunden einschlief.

Das gute Gefühl hielt sich auch noch am nächsten Tag und auch der Flug nach Narita war plötzlich ein sehr schönes Geschehnis, auf welches ich mich nun doch freute. Zwölf Stunden und 10000 km später sahen Japanische Einreisebeamte ein entfernt godzillaähnliches Wesen aus einem vom Himmel geschwebten Metallkörper auf sich zuwanken und nur der japanischen Höflichkeit ist es wahrscheinlich zu danken, daß sie mich passieren ließen.

In der Bahn nach Asakusa musste ich mich dann erstmal versichern, daß es sich wirklich um diese handelte und habe - alle Warnungen über die Gaijinscheuheit der Japaner in den Wind schiessend - einfach den neben mir sitzenden Mann angequatscht, ob er wisse, ob diese Bahn in Asakusa halte. Heute Abend bin ich nun schon klüger und darf mich schelten, wohl einer auf Japaner abzielenden Rufmordkampagne aufgesessen zu sein; alle Japaner, mit denen ich bis jetzt Kontakt hatte, waren nicht scheu, sondern extrem hilfsbereit. Einer sprach mich sogar an, als ich mit einem wohl nicht sehr wissenden Gesicht in Asakusa nach der Sakura-Herberge suchend durch die Straßen wandelte und führte mich, stets sich bei weiteren Personen nach dem Weg erkundend, bis zum Ziel.
Dies alles und mein abendlicher Spaziergang durch einige der sich windenden Gassen und großen Straßen gab mir zwar keine Antwort, warum ich denn hier hergekommen bin - aber die Frage verblasst.